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"Mein Philosophieren ist nicht neu; es gibt nur Eine Philosophie: Die von der (absoluten) Wirklichkeit des Geistes, so wie es nur Eine Wissenschaft gibt: die von der (relativen) Wirklichkeit der Dinge." | |
Constantin Brunner, "Briefe" Bd. 2. Seite 162. |
Constantin Brunner, eigentlich Leo Wertheimer, wurde am 27. August 1862 in Altona geboren. Der einer jüdisch gläubigen Familie abstammende Leo studierte von 1884 bis1888 Geschichte und Philosophie in Berlin und Freiburg. Anschließend ging Constantin Brunner, so nannte er sich seit 1891, nach Hamburg, um dort als Literaturkritiker zu arbeiten.1893 gab er mit Leo Berg die literarische Zeitschrift „Der Zuschauer“ heraus. Dort wurde auch, der für sein philosophisches Denken wichtige Aufsatz „Zur Technik des künstlerischen Schaffens“ veröffentlicht. Der Kulturbetrieb Hamburgs gab ihm aber nicht den Spielraum den er für die Ausarbeitung seiner Philosophie benötigte. Ende 1895 geht er nach Berlin, später nach Potsdam. Die folgenden Jahre arbeitete Brunner an seinem Werk, das 1908 mit dem Titel „Die Lehre von den Geistigen und vom Volk“, unterstützt von seinem damaligen Freund Gustav Landauer, veröffentlicht wurde. Nach der theoretischen Grundlegung, und der Behandlung der geistigen Fakultät im Buch „Unser Christus oder das Wesen des Genies“, berücksichtigte Brunner zunehmend die praktische Seite seiner Philosophie. Bereits in seiner Studentenzeit begegnete ihn der Judenhaß. Den Judenhaß lehrt Brunner als einen Spezialfall der weitverbreiteten verkehrten Denkweise. Das fiktive Denken wird exemplarisch mit der Gesellschafts- und Staatslehre, die er im Buch „Der Judenhaß und die Juden“ erstmals darlegt, erläutert. Der Judenhaß, den Brunner als Menschenhaß lehrt, beschäftigte den Philosophen bis in die frühen dreißiger Jahre. Einige Bücher erschienen zu dieser Problematik, wie auch zu medizinischen und weiteren philosophischen Fragen. In dem 1928 erschienenen Buch „Materialismus und Idealismus“ erreicht sein philosophisches Denken den reifsten Ausdruck.1933 mußte der antizionistische Philosoph, der sich für eine lebendige Kultur Deutschlands einsetzte, und bereits früh gegen den deutschen Nationalsozialismus schrieb, mit seiner Familie emigrieren. In Den Haag verlebte er noch einige Jahre. Dort verstarb Constantin Brunner am 27. August 1937.
Constantin Brunners theoretische Reflexionen begannen nicht in Hamburg, sondern bereits in seiner Studentenzeit. Sein Geschichtsverständnis der jüdisch - christlichen Religion berücksichtigte bereits die gegenwärtige Stellung der Deutschen jüdischer Abstammung in der deutschen Gesellschaft. Der politisch organisierte Judenhaß, sowie die allgemeingültige Christusauffassung wurden bereits mit einem undogmatischen Christusverständnis in Beziehung gebracht. Allerdings blieb dieser Versuch, der den geistigen Christus hervorheben und vom religiösen und antisemitischen scheiden sollte, im Ansatz stecken. Von dieser frühen Phase zeugt die erst 1918 veröffentlichte veränderte Fassung „Die Rede der Juden. Wir wollen ihn zurück!“ Brunner mußte den ersten Teil seiner Philosophie, den praktischen Verstand, erst ausarbeiten um den Stellenwert der Religion systematisch beurteilen zu können. In der „Lehre“ wird das praktische Denken aber weitgehend separat, unabhängig vom fiktiven Denken, abgehandelt. Was aber ist praktisches Denken? Brunner zeigt in der "Lehre" das unser Denken der Dinge mit unseren Vorgestellten identisch ist. Dinge kenne der Mensch mit seiner natürlichen Sinnenstruktur; der Verstand sei anderes nicht als das Denken materialistischer Vorstellungen. Verbliebe der Mensch aber im sinnlich Vorgestelltem, könnte er den rationalen Maßstab des Vorgestellten niemals finden. Das materialistisch Gedachte müsse mit dem, nicht aus der Sinnenerfahrung abstrahierten theoretischen Wissen rational begriffen werden. Nicht mit empirisch - exakt moderner Naturwissenschaft sei das rationale Maß der Sinnenerfahrung zufinden, sondern dieses ist bereits in jeglicher Vollkommenheit gefunden. Die frühen griechischen Denker formulierten bereits die Denkgesetze, die mit den Naturgesetzen identisch seien! Die Anwendung ewig gültiger Denkgesetze auf die veränderlich materialistische Erscheinungswelt zeitige rationales Denken des Vorgestellten. Constantin Brunner betont das weder dem reinen wissenschaftlichen Wissen, noch dem rational Vorgestellten absoluter Erkenntnisgewinn zukomme. Mit wissenschaftlicher Forschung besitzt der Mensch kein absolutes, sondern relatives materialistisches Wissen. Ohne das bereits abgeschlossene theoretische Wissen kann das Denken der Dinge/Vorstellungen nicht wissenschaftlich, d. h. lebenspraktisch gewußt werden.
Naturforschung wird mit angewandten Denkgesetzen, nicht mit einer aus der Empirie gewonnenen Wissenschaftsmethodik, ermöglicht. Obwohl die ewig gültigen Denkgesetze von Philosophen formuliert wurden gehört weder das logische, noch das rationale Denken der eigentlichen Philosophie an. Brunner legt großen Wert auf diese Unterscheidung, ja sie ist wesentliches Merkmal seines Denkens. Wissenschaft und Philosophie gehören zwei völlig verschiedenen Bereichen des Denkens an. Die Vermischung dieser beiden Bezirke ergibt das verkehrte, verabsolutierte Denken der Vorstellungen/Dinge. Naturphilosophien sind mit fiktiver Denkweise, nicht mit logisch - rationalen Denken ermöglicht wurden. Philosophie ist mit dem Geist, und Wissenschaft wird mit systematischer Erforschung der materialistischen Erscheinungswelt ermöglicht.
Constantin Brunner erläutert die praktische Denkweise mit den frühen griechischen Philosophen, und vor allem mit Spinoza. Die verkehrte Denkweise, die in der „Lehre“ nur im Ansatz berücksichtigt wird, wird mit Aristoteles, und besonders mit Kant abgehandelt. Spinoza steht für das rationale, Kant für das fiktive Denken. Die „Lehre“ behandelt das Denken der Dinge aber nicht nur in Bezug auf rational Gewußten. Auch Gefühltes, sowie Gewolltes wird bei der Konstitution des materialistischen Wissens berücksichtigt. Die Zurückführung der veränderlichen Vorstellungen auf die logischen Denkgesetze zeitigt praktisches Wissen. Dieses materialistische Wissen ist nicht vom Emotionalen, und auch nicht vom Willen zu trennen. Die rationale, und psychologische Einheit wird immer dann mißverstanden wenn Gewußtes, Gefühltes, Gewolltes isoliert postuliert wird. Brunner zeigt das mit der praktischen Philosophie Kants. Moral wird der rationalen Ethik entgegengestellt. Die dritte Fakultät des Denkens, die geistige Besinnung, wird in der „Lehre“ nicht herausgearbeitet. Die Bestimmung rationalen Denkens, die Brunner mit Hilfe philosophisch - logischen Wissen darlegt, müßte als bedeutende Leistung gewürdigt werden. Wird damit doch der Stellenwert neuzeitlicher Wissenschaft, betreffend des materialistischen Wissens, geklärt. Wissenschaftliche Rationalität leistet relatives, praktisches Wissen der materialistischen Erscheinungen. Die Zurückführung der mannigfaltigen Sinnenwelt auf einige, nicht aus der Neuzeit gewonnenen Denkprinzipien, ergibt keine absolute Erkenntnis der Materie. Auch der geistige Bereich wird von moderner Wissenschaft nicht erforscht. Fiktives Denken, welches davon ausgeht mit dinglich Vorgestelltem und/oder einer Wissenschaftsmethode könnte die Wesenheit der Materie, oder gar des Geistes erfaßt werden, verkennt logisch - rationales Denken. Fiktive Denkweise zeigt sich nicht nur als naturwissenschaftliche, sondern auch als philosophische Metaphysik, welche immer noch mit Religion und Moral vermischt, sich behauptet. Gegen das philosophisch und naturwissenschaftlich abergläubische Denken setzt Constantin Brunner das praktische Denken der Dinge. Die Verkehrung logisch - rationalen Denkens zum verabsolutierten materialistischen Denken zeigt sich nicht nur mit neuzeitlich naturwissenschaftlicher und herkömmlicher philosophischer Metaphysik. Die neuzeitliche Metaphysik setzt die Tradition der Aristotelischen Metaphysik über Descartes fort. Die nicht systematisch experimentelle griechische, wie auch die neuzeitlich - empirische Metaphysik verkennt nicht nur den prinzipiellen Stellenwert logisch - rationalen Denkens, sondern auch die Philosophie des Geistes.
Die praktischen Auswirkungen der verkehrten Denkweise, wie diese sich in der realen Gesellschaft unheilvoll äußern, sind mit logisch - rationaler Denkweise nicht generell zu überwinden. Die verkehrte Denkweise, weil sie auch das wissenschaftliche Denken durchdringt, kann mit praktischen Denken nicht völlig überwunden werden. Dieses vermag nur philosophisches Denken. Philosophisches Denken sei bereits, so Brunner, in völliger Vollkommenheit vorhanden. Plato und Spinoza seien die philosophischen Repräsentanten geistigen Seins. Am philosophischen Denken können sich aber nur die Wenigen, dafür prädestinierten Menschen orientieren. Nur die wenigen Geistigen, die nicht im fiktiven Denken - das im verabsolutiert Gedachten gründet - aufgehen, leben den lebendigen Geist. Nur ihnen gehe mit der „geistigen Besinnung“ das Verhältnis geistigen Seins zur materialistischen Sinnenwelt philosophisch, d. h. ohne fiktiv gedachten auf. Constantin Brunners schriftstellerisches Wirken ging auch auf die Erweckung des philosophischen Bewußtseins. Das aber die „geistige“ Besinnung, die sich auch künstlerisch und mystisch im Werden und Vergehen der Sinnenwelt manifestiert, nur ganz wenigen Menschen aufgeht mußte er immer wieder feststellen. Die Philosophie Constantin Brunners geht auf die logisch - rationale Entlarvung der vielen Äußerungsweisen verkehrten Denkens, und endet in der Aufforderung, das der materialistische Mensch im ewig geistiges Sein schöpferisch gründe.
Der gesellschaftliche Aberglaube seiner Zeit, gegen den er mutig anging, war der aktive und potentielle Judenhaß, sowie der Zionismus. Aber auch dem verabsolutierten naturwissenschaftlichen Monismus, sowie dem fiktiven Denken der Philosophie galt sein Kampf. Dem logisch - rationalem Denken, und der "geistigen Besinnung" zu ihrem Recht verhelfen muß vorhanden sein: Aktive Philosophie.