Constantin Brunner   Leben und Werk

1. 1891 - 1908  Literatenzeit in Hamburg und frühe Berliner Zeit.

  
 
"Ich sehe keinen einzigen, der so wie Spinoza eine 
einheitliche Auffassung von der Natur besitzt: denn 
die Einheit der Natur und den inneren Zusammen - 
hang aller Erscheinungen versteht nur, wer alle Er - 
scheinungen in der Abstraktion der Bewegungslehre 
versteht.“ (1)


Vom religiösen Kulturoptimismus zur relativ - materialistischen Weltanschauung.

In Berlin und Freiburg studierte Constantin Brunner von 1884 bis1888 Philosophie und Geschichte. In beiden Städten wurde Brunner mit dem Antisemitismus konfrontiert. Dort entstand bereits sein Wunsch die Stellung des Judenhasses in der deutschen Gesellschaft in ein klares Verständnis zu bringen. (2) Nach seiner Studentenzeit ging Brunner nach Hamburg. Dort schrieb er um 1892, die erst 1918 veröffentlichte "Rede der Juden". Diese „Rede“ ist ein erstes Resultat seiner Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus, der Religionsgeschichte, sowie der Philosophie. Die Befreiung vom Judenhaß und der Religion wurde von Juden erhofft. Die Deutschen jüdischer Abstammung müßten sich von ihren religiösen Vorstellungen befreien: Um den Propheten Christus für die deutsche Gesellschaft einzufordern. Mit dieser Aufgabe könnten sie zu ihrer gesellschaftlichen Emanzipation beitragen. Auch die Kirchenchristen könnten, mit dem geistigen Christus sich von ihren religiösen Irrtümern befreien. Dann gibt der religiöse Glaube keinen Anlaß mehr zum Judenhaß. Befreit von Religion und Judenhaß könnten Deutsche jüdischer und anderer Herkunft gemeinsam, mit der geistigen Kraft Christus, eine lebendige Kultur verwirklichen. (3) Das Constantin Brunner in seiner frühen Hamburger Zeit von Deutschen jüdischer Abstammung viel erhoffte zeigt die "Rede". Dieser Erwartungshorizont verblieb aber auf der Ebene religiöser Hoffnung, deshalb konnte er die Judenfrage nicht rational verarbeiten. Brunners religiöse Hoffnung zeigt sich nicht nur mit den praktischen Forderungen. Auch die Grundlage der gesellschaftlichen Emanzipation verbleibt im religiösen Wunsch befangen. Das der Prophet Christus allen Menschen für die Befreiung vom verkehrten Leben wichtig sein könnte, wurde zur Voraussetzung des erhofften gesellschaftlichen Wandels. Die Veränderung des Bewußtseins, sowie der gesellschaftlichen Verhältnisse wurde nicht von der Politik, sondern von der geistigen Kraft des Propheten Christus erhofft.

Bereits Sommer 1891 gründete Constantin Brunner ein Literarisches Vermittlungsbüro. Daraus ging die Literaturzeitschrift „Der Zuschauer“ hervor, deren erstes Heft im Februar 1893 erschien und die wichtigen Technikaufsätze enthalten. (4) Bevorzugter Adressat waren nicht Deutsche jüdischer Abstammung, auch nicht die Kirchenchristen, sondern der gegenwärtige Literaturbetrieb. Dieser sollte vom Standpunkt einer praktischen Ästhetik, die als Erfahrungswissenschaft vorhanden sein müßte, kritisiert werden. Den Künstlern und Literaturkritikern, sowie den Verlegern fehle der Maßstab der Kunst. Mit dem „Einfluß, den Max Stirner und Nietzsche ausgeübt haben, und mit der großen Begriffsverwirrung, die durch Socialismus, Individualismus, Pessimismus in so viele Köpfe gekommen ist“, sei das „Aufbrütesame“ ermöglicht wurden, mit dem die künstlerische Schöpferkraft verhindert wird. (5) Merkmal schöpferischer Kunst, hier der Dichtung, sei die Fähigkeit seine sinnlichen Vorstellungen in anschauliche Begriffe, mit denen gedichtet wird, zu heben. Des Dichters anschauliche Worte sind für das Publikum lebendige. Dem „Aufbrütesamen“ hingegen fehlt die anschauliche Gestaltung der Begriffsabstraktionen. Steht Dichtung mit unanschaulicher Begrifflichkeit in Geltung fehle den Künstlern, den Kritikern und Verlegern der künstlerische Maßstab.

Sommer 1893 wußte Constantin Brunner drei Behinderungen einer lebendigen deutschen Kultur: jüdisch - christliche Religion, den Judenhaß und das scholastische Begriffsdenken. Außerdem konnte er während der Literatenzeit sein Kunstverständnis von der Methodik der Wissenschaft abgrenzen. Die Gesetze der Kunst und die Grundgesetze der Logik sind unterschiedliche, sogar entgegengesetzte. Der schöpferische Künstler arbeite mit seinen anschaulich gestalteten Begriffsabstraktionen, er schafft seine Werke vom „Aufbrütesamen“ befreit. Der Wissenschaftler arbeite mit der Logik, denen jegliche Anschaulichkeit der Sinnenerfahrung fehlt. Vielmehr zeigt der Wissenschaftler mit der Logik an der Sinnenwelt Gesetzmäßigkeiten auf. Die logische Behandlung der Sinnenwelt leistet aber keine Erkenntnis der „Quellen, aus denen das Leben des Geistes und auch die künstlerische Disposition heraufsteigt.“ „Geist“ und schöpferischer Prozeß lassen sich auf eine naturwissenschaftliche Methode und deren Resultate nicht reduzieren. (6) Das frühe Verständnis künstlerischen Schaffens, sowie die Beurteilung der Logik, welche Gesetzmäßigkeiten der Sinnenwelt aufzeigt und das damit keine Erkenntnis vom „Geist“ und seinen Prozessen geleistet wird, ist für die weitere Entwicklung des Denken Brunners entscheidend.

Die logische Methodik der Erfahrungswissenschaft konnte Constantin Brunner nicht nur vom künstlerischen Prozeß abgrenzen. Die Abgrenzung adäquater Naturwissenschaft von einer Wissenschaft, die Metaphysik betreibt, wird mit der Rezension Otto Hamanns „Entwicklungslehre und Darwinismus“ gezeigt. (7) Dinge mit mechanischer Methode erforschen, hier die Artenvielfalt, ist so lange wissenschaftlich, wie mit ihrer Methodik und den damit gewonnenen Ergebnissen im Empirischen verblieben wird. Wird mit wissenschaftlicher Methode, und den damit gewonnenen Resultaten die Erfahrung verlassen, ist der Darwinismus nicht mehr wissenschaftlich, sondern spekulativ, d. h. metaphysisch geworden. Die in der „Rede“ und den Zuschaueraufsätzen dargestellten Einsichten wurden Brunner immer wichtiger. Die Arbeit am Zuschauer, wie auch die Hamburger Verhältnisse befriedigten immer weniger. Der Wunsch, befreit vom scholastischen Literaturbetrieb zu schreiben wurde immer stärker. 1895 beschloß Constantin Brunner ein Buch zu schreiben. (8 )Die äußere Veränderung seines schriftstellerischen Interesses zeigte sich mit dem Umzug nach Berlin. Damit beendete er seine Literaten Zeit.

Spätsommer 1896 konnte er, die Anfang 1896 begonnene „Einleitung“ beenden. Den „eigentlichen Gegenstand“ des Buches konnte Brunner zu diesem Zeitpunkt aber nicht darstellen. Worauf bezog sich die „Einleitung“? Gegen Religion, Judenhaß, dogmatische Begrifflichkeit, wissenschaftliche Metaphysik? Für das Prophetentum Christi, für eine lebendige Kunst, für die logische Methode der Erfahrungswissenschaft? Sicher ist, das Brunner die wissenschaftliche Logik als Kampfmittel gegen die „Verworrenheit der Metaphysik, Religion und Poesie“ bereits kennt. Die Logik ist „jenes Verfahren der Wissenschaft", mit der die Sinnenerfahrung additativ bestimmt wird. Die Quantifizierung der Sinnenwelt, die mit angewandter Logik geleistet wurde und wird, leistet keine absolute Erkenntnis der materialistischen Erscheinungen, vielmehr werden diese lebenspraktisch, relativ bestimmt. „Heute freilich, wo unsre Wissenschaft selbst noch so religiös ist, ist sie für die Meisten noch nicht gefährlich!“ (9) 1896 beurteilte Constantin Brunner die Bekämpfung der Religion nicht mehr vom Standort der „Rede“ religiös hoffend, sondern mit wissenschaftlicher Methodik logisch urteilend.

Die Kenntnis der Logik versetzte Brunner in die Lage den Gegensinn einer abergläubigen, deutschen Kultur realistischer zu beurteilen. März 1897 befindet er sich in einer „Stimmung“, die nicht dem Zeitgeist entspricht. Brunners Denken zeigte sich immer mehr der „Verworrenheit“ - auch der eigenen, der religiösen Hoffnung der „Rede“ - entgegenstehend. (10) Das logische Denken entlarvt jenes Denken, das mit der Sinnenerfahrung, wurde diese auch exakt - empirisch erforscht, spekuliert. Damit ergab sich die Unterscheidung des idealeren vom abergläubischen Menschen. Der idealere Mensch denkt sein materialistisch Vorgestelltes relativ - rational, deswegen kennt er den religiösen Glauben, Metaphysik und Begriffsdogmatik als Manifestationen spekulierter Sinnenerfahrung. Der abergläubische Mensch, weil er logisch - rationales Denken nicht prinzipiell kennt, nimmt seine Spekulationen als wahrhaftiges. Was bedeutet das? Sinnenerfahrung denken wir begrifflich, soweit sie mit unserem Gefühlten, Gewollten, Gewußten uns bewußt wurde. Den Denkinhalt unseres Verstandes kennen wir mit Begriffen. Ohne anschaulich Gedachten ist weder der materialistische Denkinhalt, noch empirische Begrifflichkeit vorhanden. Immer zeigt sich der Verstandesgehalt, wird dieser nun logisch - rational und/oder verworren gedacht, begrifflich. Wie aber der materialistische Denkinhalt, das bewußt gewordene Vorgestellte beschaffen ist, zeigt die „Begriffskritik.“ (11) Der logisch - rational Denkende, weil er mit Hilfe der Logik seine Sinnenerfahrung praktisch kennt, versteht die Begriffe ebenfalls als praktische. Der abergläubische Mensch will sein begrifflich Vorgestelltes nicht nur relativ praktisch, sondern auch unanschaulich begrifflich kennen. Die „Begriffkritik“ zeigt die „Unterscheidung der vernünftigen, unvernünftigen und verworrenen Begriffe in uns.“

Mit dem logisch - rationalem Denken, sowie der „Begriffskritik“ konnte Brunner dinglich Vorgestelltes konkretisieren. Den Denkinhalt des Verstandes systematisch kennen ist wichtig. Ende 1897 konnte er den „eigentlichen Gegenstand“, den praktischen Verstand, den es methodisch auszuarbeiten galt, wesentlich bestimmen. Aber: „das logische Bewußtsein ist nur Stückwerk von unserm Inhalt, der Verstand nur erst unser halber Verstand.“ (12) Was ist die andere Hälfte des materialistischen Denkens? Constantin Brunner ist zuversichtlich: die andere Hälfte unseres Verstandesdenkens sei der „Geist.“ Den „Geist“ berücksichtigte Brunner bereits in der „Rede“. 1892 wurde das Ewige mit dem geistigen Christus identifiziert und von jüdisch - christlicher Religion abgegrenzt. (13) 1893 wurde, mit den Technikartikeln der "Geist" und der künstlerische Schaffensprozeß von wissenschaftlicher Logik, sowie quantitativ begründeter Sinnenerfahrung abgegrenzt. Mit angewandter Logik, und der Quantifizierung menschlicher Sinnenerfahrung, nicht mit den Prophetentum, bezw. dessen religiöser Auffassung ergab sich die Abgrenzung zu „Metaphysik, Religion und Poesie.“ (14) „Geist“ und künstlerischer Schaffensprozeß lassen sich nicht aus Wissenschaftslogik, auch nicht aus rational begriffener Sinnenwelt ableiten. Wird dieses dennoch versucht, müßte logisch - rationales Denken die dinglichen Spekulationen als dem praktischen Denken entgegenstehendes aufweisen. Logisches Denken kann aber 'nur’ die jeweiligen Äußerungsweisen materialistisch Spekulierten be- und verurteilen. Prinzipiell kann jüdisch - christliche Religion, Metaphysik, sowie Moral von rationaler Verstandeslogik nicht überwunden werden. Verkehrtes Verstandesdenken wird mit der Verkennung der quantifizierten Sinnenerfahrung, die sich mit der angewandten Logik praktisch ergab und ergibt, ermöglicht. Mit Unkenntnis der adäquaten Sinnenerfahrung kann diese in ihrer relativ begrifflichen Realität nicht gewußt sein. Die Relativität unserer Sinnenerfahrung muß aber praktisch gewußt werden, sonst ist die Abgrenzung zum „Geist ... der seine Vorraussetzung aus sich selber nimmt“ nicht möglich. Dem „Geist“ kommt weder logisch - rationales Denken, noch verkehrt Gedachtes, „Metaphysik, Religion, Poesie“, zu. Deswegen kann die rationale Unterscheidung der Fakultäten nicht von der 'Seite' des "Geistes" vollzogen werden. (15)

Sommer 1899 konnte Constantin Brunner den Stellenwert des logisch - rationalen Denkens, sowie die damit vorhandene Scheidung vom fiktiven Denken in seiner „besonderen Terminologie“ festbekommen. Der „Geist“, sowie der künstlerische Schaffensprozeß wurden als „das Eine“ bestimmt. Das fiktive und das praktische Denken als „das Andre“. Der Denkinhalt des Verstandes unterscheide sich vom Denkinhalt des „Geistes“ grundlegend. Damit war die Untersuchung, die Sommer 1896 begann, und der die „Einleitung“ voranging, beendet. Mitte 1900 schrieb Constantin Brunner seiner langjährigen Freundin Frida Mond „Ich ging auf die größtmögliche Simplifikation des Bewußtseins und gewahre nach meinen einfachen Reinigungsprinzipien, daß sich überall Ordnung schaffen läßt in den Gedanken über unsere Welt und unsre Menschen.“ (16) Mitte 1901 wurde die Sinnenerfahrung, die von wissenschaftlicher Logik bestimmt wird, in ihrem Ergebnis gewußt: Lebensfürsorge. Mit logisch - rationaler Denkweise ergibt sich die Scheidung von jener Denkweise, welche die Sinnenerfahrung nicht logisch - rational denkt: Fiktives Denken. Mit dem Denken der Lebensfürsorge wird zugleich das fiktive Denken gewußt: der Lebenspraxis entgegenstehend. Mit Geistigem Denken wird das logisch - rationale und das imaginäre Weltbewußtsein nicht relativ praktisch, auch nicht verkehrt gewußt. Geistiges Denken kennt, im Gegenteil jegliches materialistische Weltbewußtsein in seiner Negativität. Constantin Brunner lehrt das Verhältnis Geist - Weltbewußtsein nicht als Dualismus, sondern ihm wurde Gewißheit „daß der ganze praktische Verstand hinausweist in die allein wirkliche Realität des Geistes. Von der allein giebt es ein Wissen, und ein Wissen unerschütterlich und unfehlbar“ (17)

Constantin Brunner behandelte in diesen Jahren das logische Wissen im Verhältnis zur Sinnenerfahrung. Dabei wurde das praktische Denken der Dinge in seiner Verbindung zum verkehrten Denken angedeutet. Der „eigentliche Gegenstand“, das praktische Verstandesdenken, lag mit der Bestimmung und Scheidung des logischen vom fiktiven Denken vor. Auch die Bestimmung und Abgrenzung zum „Geist“ ist vorhanden; wurde aber in diesen Jahren ebenfalls nicht systematisch ausgearbeitet. Brunner konnte aber bereits mit der Unterscheidung dreier Denkbereiche zugleich zwei Denkweisen, „nach der Art wie es in meiner Einleitung auseinandergesetzt ist“ aufzeigen. (18) In der „Ankündigung“, die aus der 1896 begonnenen „Einleitung“ hervorgegangen sein müßte, und der „Lehre“ vorangestellt wurde, wird materialistisches Denken nicht nur in seiner praktischen, auch nicht nur in seiner verkehrten Wesenheit behandelt, sondern vor allem aus einer Haltung die das geistige Denken einfordert. In der „Ankündigung“ wird geistiges Denken dem „Volksverstand“ entgegengestellt. Das die Religion, die Metaphysik und die Begriffsscholastik fiktive Denkformen des Volksverstandes sind, beruhe auf der Vermischung des praktischen mit dem fiktivem Denken. Brunner betont dort den Wechsel der Denkformen verkehrten Denkens, stehen diese auch Jahrhunderte in Geltung. Wenn heute auch die Religion nicht mehr das Bestimmende der Lebenspraxis sei, so steht doch das fiktiv gedachte weiterhin, nunmehr in wissenschaftlicher Form in Geltung. Dagegen ändert sich nicht die Denkweise des Volksdenkens. Die Allgemeinheit lernt logisch - rationales Denken nicht in seiner prinzipiellen Wesenheit: Das unsere Sinnenerfahrung, auch wenn sie exakt - empirisch erforscht wurde ihre materialistische Relativität behält, und weder eine absolute Erkenntnis materialistischer Erscheinungen, noch eine Erkenntnis des Geistes leisten kann. Das Volksdenken beruht auf der Unfähigkeit die Denkbereiche auseinanderhalten zu können. Die Vermischung des praktischen mit dem fiktivem Denken, die auf begrifflicher Spekulation beruht, behindert die Entwicklung materialistischer Lebenspraxis. Das Volksdenken gründet im Resultat der Begriffsscholastik: Etwas relativ dinglich Gedachtes wird zum Absoluten verzehrt, von dem das praktische Denken der Dinge seinen eigentlichen Inhalt bekommt. Praktisches Denken der Dinge/Vorstellungen erreicht nicht die fiktive Gründung imaginären Denkens. Die Macht verabsolutiert - begrifflich gedachter Sinnenerfahrung, worin das praktische Denken des Volkes gründet, kann mit der Ratio korrigiert, nicht aber prinzipiell überwunden werden. Dagegen steht geistiges Denken für die Überwindung fiktiver Denkweise. Mit geistigem Denken und mystischer Versenkung steht der „Geist“, worin der idealistische Philosoph, die Mystiker mit ihren materialistischen Erleben gründen, in Macht. Die Gründung im „Geist", sowie dessen Manifestationen der Philosophie, Mystik, Kunst ist die machtvolle Alternative, die von Constantin Brunner aufgezeigt wird, und dem verkehrten, sowie dem logisch - rationalem Denken entgegenstehend gezeigt wird. Mit dieser Gründung lebt der im geistigem Sein aufgehende Mensch seine Existenz vom verkehrten Weltbewußtsein erlöst. Mit dem "Geist", nicht mit dem praktischen, d. h. dem logisch - rationalem Denken lebt der Mensch seine geistige Freiheit. Brunner betont ausdrücklich das dieses geistige Leben der Allgemeinheit niemals in seiner Wahrhaftigkeit bekannt werden könne.

Aber nicht nur die Denkweise des Volkes wird gezeigt, sondern auch dessen äußere Manifestation. In der „Ankündigung“ steht nicht die Religion, der Judenhaß, auch nicht der Literaturbetrieb im Vordergrund, sondern die Metaphysik neuzeitlicher Wissenschaft, die bereits mit moderner Bildung in weiter Verbreitung steht. (19) Die „Ankündigung“ erwähnt die fiktive Denkweise, welche im verabsolutiert begrifflichen gründet. Moderne, d. h. Erfahrungswissenschaftliche Metaphysik wird aber nicht mit der logisch - rationalen Denkweise in Verbindung gebracht, sondern mit dem geistigen Denken. Die „Ankündigung“ zeigt nicht, wie zu erwarten die Darstellung des praktischen Verstandes, sowie seinen Kampf gegen fiktiv Gedachtes. Vielmehr wird die Beziehung fiktiven Denkens zum "Geist" angedeutet. Die Charakterisierung des Volksdenkens vollzog Constantin Brunner dort aus einer Position geistiger Besinnung. Nicht die praktisch logisch - rationale Denkweise mit der die Lebenspraxis herausgestellt wird, sondern, z. B. die Bestimmung zweier Menschentypen wurden wichtiger. Diese Bestimmung, welche die Trennung der grundverschiedenen Charakteren umfaßt, zeigt sich um so deutlicher, je mehr fiktives Denken mit moderner Bildung in Geltung steht. Die Trennung der „Geistigen“ von den Volksdenkenden, welche auf der angewandten Fakultätenlehre beruht, sei wichtig: „damit alle, die geistig wirken und leben wollen, als Künstler, als Denker, und damit solche, die in den Werken der Künstler und Denker und in der Liebe des Geistes den Schwerpunkt ihres Lebens wahrhaftig finden“ zusammenkommen. (20) Mit der Bestimmung und Scheidung dreier Denkfakultäten ergibt sich die Trennung der „Geistigen“ vom Volk. Diese Trennung sei der eigentliche Sinn der Fakultätenlehre, der „Wissenschaft des freien Geistes.“ Constantin Brunner zeigt in der „Ankündigung“ zur „Lehre“ nicht ausführlich das Wesentliche praktischen Denkens - das Verhältnis der Logik zu fiktiv gedachter Sinnenerfahrung - sondern seine gesamte Philosophie.

Die zwei Bände des ersten Teils der „Lehre“, welche also auf Brunners Kenntnis der drei Denkbereiche und den beiden Menschentypen beruhen, behandeln das praktische Verstandesdenken. Hier steht nun das logische Denken, in dem Vorgestelltes der Sinnenerfahrung praktisch gründet, im Vordergrund. Das Denken der Vorstellungen ist mit unserem Denken der Dinge, soweit sie uns bewußt geworden sind, identisch. Vorstellungen von Dingen bekommen wir mit unseren „Affektionen der Sinne“. Die materialistischen Vorstellungen, andere existieren nicht, denken wir in und mit Begriffen. Auch unsere Allgemeinbegriffe umfassen dinglich angeschautes. Die abstrakteste Begrifflichkeit, wie Raum, Zeit, Bewegung ist nicht von Vorstellungen befreit. Wo Dinge = Vorstellungen sind, sind auch Bewegungen: diese werden als Ortsveränderung der Dinge im materialistischen Raum festgestellt. Festgestellt? Womit? Mit der logischen  Methodik menschlichen Denkens! Die Kapitel 1 - 8 der "Lehre" zeigen den Materialismus unserer Vorstellungen. Die „Grunderfahrung“ der Sinne, und das damit vorhandene sinnlich - kausale Wissen muß, soll dieses praktisch gewußt sein, mit logischer Denkweise erforscht werden. (21) Wissenschaftliche Logik kennen wir bereits aus den Technikartikeln der 1893 erschienen Literaturzeitschrift "Der Zuschauer". Wir wissen bereits: Mit Logik wird das mannigfaltig Gedachte der Sinnenerfahrung quantifiziert, und das damit weder absolute Erkenntnis materialistischer Erscheinungen, noch des „Geistes“ vorhanden ist. Angewandte Logik und quantifizierte Sinnenerfahrung erweisen rationale Lebenspraxis. In der „Lehre“ konnte Constantin Brunner die Ebene der Logik mit dem „wissenschaftlich abstrakten Denken“ präzisieren. Wesentlicher Bestandteil der Logik seien „Atome“.(22) Diese sind nicht aus der Sinnenerfahrung, sei diese auch empirisch - exakt erforscht worden, abzuleiten. Sie sind auch keine „Hypothese über die Dinge“, sondern „freie fiktive Konstruktionen“ menschlichen Denkens. Das logische Maß rational geklärter Sinnenerfahrung sei vielmehr in aller Vollkommenheit bereits vorhanden! Die freien Konstruktionen menschlichen Denkens, die sich grundsätzlich von unseren Allgemeinbegriffen unterscheiden, sind mit unseren abstrakt logischem Denken vorhanden. Die logischen Konstruktionen, nicht praktisches, auch nicht imaginäres Denken der Vorstellungen verbürgen das rationale Wissen der Sinnenerfahrung.

Das Denken der Vorstellungen, das wir mit unserem empirischen Wissen der bewegten Raum- und Zeitdimension materialistisch begrifflich kennen, und welches mit angewandter Logik erst rational gewußt wird, wird von Benedictus Spinoza repräsentiert. "von Spinoza wird in diesem Werke viel die Rede sein: er ist eine der wichtigsten Hauptpersonen unsrer Gattung und Geschichte.“ (23) In seiner frühen Hamburger Zeit verstand Constantin Brunner bereits den Philosophen Spinoza als Formulierer Ewigen Seins. Ewigkeit wurde in der „Rede“ aber auch vom Propheten Christi repräsentiert. Christus und Spinoza stellten dort den Gegensinn zu jüdisch - christlicher Religion. (24) In der frühen Berliner Zeit, in der Brunner seine aphoristischen Gedanken der „Rede“, sowie die Technikaufsätze systematisch verarbeitete, wurde die Überwindung der Religion nicht mehr mit dem Propheten Christus erhofft, sondern mit wissenschaftlicher Logik. (25) Logisches Denken wird im ersten Teil der „Lehre“ ebenfalls wichtig: ohne den, von der Sinnenerfahrung befreiten Konstruktionen des praktischen Verstandes kann rationales Denken der Dinge gar nicht gelehrt werden. Spinoza wird in der „Lehre“ nicht mehr als Formulierer der Ewigkeit behandelt, sondern als Repräsentant logisch - rationalen Denkens. Das zeigt sich schon in der „Prolegonema“: die Allgemeinbegriffe gehören in die „Grunderfahrung“, nicht zum frei konstruierenden Denken. Dort wurde bereits die Identifizierung des Raumes mit der Zeit, und das diese nicht unabhängig vom menschlichen Denken der Dinge=Vorstellungen existieren, gelehrt. (26)

In den „Prolegomena“ bestimmte Constantin Brunner die menschliche Sinnenerfahrung in ihrem Verhältnis zur Logik. Das diese Denkweise mit Spinoza gelehrt wird, zeigt, welche Bedeutung Brunner diesen Philosophen bei der Behandlung des praktischen Verstandes beilegt. Das zweite Kapitel trägt die Überschrift „Die Bewegungslehre und das Verhältnis der empirischen Wissenschaften zu den Abstraktionen.“ Die „Abstraktionen“ sind mit den „freien fiktiven Konstruktionen“ des praktischen Verstandes vorhanden. Die „empirischen Wissenschaften“ sind mit sinnlich kausalem Wissen der Dinge = Vorstellungen vorhanden. Sinnlich Vorgestelltes, das von den Methoden empirischer Forschung erfaßt wurde, wird als unfehlbares Wissen veranschlagt. Die „Bewegungslehre“ zeigt aber, das unser materialistisch Vorgestelltes mit den Methoden rein empirischer Wissenschaft, und deren Resultate nicht rational geklärt wurde und wird, sondern mit abstrakt logischen Konstruktionen. „Unser Denken drängt hin auf ein letztes einfaches, wodurch sich alle die Vorstellungsbilder der Grunderfahrung genetisch erklären lassen.“ Dieses letzte Einfache sind die „Naturgesetze“, die anderes nicht sind als „unsre Denkgesetze". Das zeige die „Bewegungslehre.“ (27) Das rationale Denken der Dinge, das in den Konstruktionen logischen Denkens gründet und mit der „Bewegungslehre“ lebenspraktisch gewußt wird, weiß zugleich das es „philosophisches Denken über die Dinge“ nicht gibt. (28) Diese Klärung der Sinnenerfahrung vermag eine Wissenschaft nicht zu leisten, welche wissenschaftliche Prinzipien aus exakt erforschter Empirie ableiten vermeint zu können. Moderne Wissenschaft kann die Mannigfaltigkeit der Sinnenerfahrung, sei diese auch exakt - empirisch erforscht, nicht prinzipiell auf logisches Wissen zurückführen. Die genetische Klärung der Sinnenerfahrung, die mit angewandter Logik erfolgt und deren Resultat praktische relativ - begriffliches Denken ist, kennzeichnet die rationale Denkweise, welche von Spinoza repräsentiert wird. Dieses praktische Denken kennt zugleich fiktives Denken der Dinge/Vorstellungen dem praktischen Denken entgegenstehend. Hier ist das fiktive Denken, nicht das verabsolutiert Gedachte, in welchem das materialistische Denken gründet, gemeint. Merkmal praktischen Denkens ist die angewandte wissenschaftliche Logik. Merkmal des fiktiven Denkens müßte die Verkennung der freien Konstruktionen des praktischen Verstandes sein. Und so ist es. Nachdem Constantin Brunner das praktische Denken ausführlich darlegte, konnte er auch das fiktive Denken, in der „Lehre“ im Ansatz systematisch, lehren. Dieses zeigt der weitere Gang durch die „Lehre“, wie auch durch sein gesamtes schriftstellerisches Schaffen.

Das „Grundgesetz des Denkens im praktischen Verstand“, das logisches Wissen mit dem kausal - sinnlich gedachtem praktisch, d.h. rational gewußt wird, kennt der „Volksverstand“ nicht prinzipiell. Der Mißbrauch praktischen Denkens zeigt sich mit den fiktiven Denkformen der Religion, der Metaphysik, der Moral. Im ersten Teil der „Lehre“ kommt die Denkform neuzeitlich wissenschaftlicher und philosophischer Metaphysik in Betracht. Mit dieser Denkweise und der hier zu betrachtenden Metaphysik wird logisch - rationales Denken in seiner relativen Wesenheit nicht prinzipiell gewußt. Der Erfahrungswissenschaftliche Typus neuzeitlicher Metaphysik zeigt sich mit dem verkehrten materialistischen Monismus und der damit zusammenhängenden Entwicklungslehre. (29) Der philosophische Typus neuzeitlicher Metaphysik  zeigt sich mit dem „konzentrierten Volksdenker Immanuel Kant.“ (30) Die fiktiv/verabsolutierte Denkweise verkennt z. B. die Relativität der Kausalität. In der neuzeitlichen Wissenschaft zeigt sich dieses z. B. mit der Entwicklungslehre. Hier wurde nicht mehr mit unreflektiert gedachter Sinnenerfahrung spekuliert, wie sich dieses in der Denkform der Religion zeigt, sondern mit Resultaten empirischer Forschung. Hier könnte „das aufgeklärte Denken... das wir unser Leben nach dem kausalen Denken einrichten, durch Lebensfürsorge“ Aufklärung bringen. Das logische Verfahren der Wissenschaft, und die damit gefundene Lebenspraxis müßte auch bei der Denkform philosophischer Metaphysik, die in der Neuzeit von Immanuel Kant repräsentiert wird, angewandt werden. Kant spekulierte nicht nur mit praktischen und vermeintlichen Resultaten exakt - empirischer Naturforschung, sondern besonders mit unanschaulich sein sollenden Begriffen. Wissenschaftliche, sowie philosophische Metaphysik wollen mit spekulierten Ergebnissen und unanschaulicher Begrifflichkeit Philosophie in Macht setzen. Die von jeglicher Metaphysik befreite Erfahrungswissenschaft kennt ihren Forschungsgegenstand, das dinglich Vorgestellte der Sinnenerfahrung und ihre logische Methodik, und das damit gewonnene lebenspraktische Wissen der Philosophie entgegenstehend. (31) Die „Bewegungslehre", mit der materialistisch Vorgestelltes rational gewußt wird, müßte vorhanden sein um die fiktive Denkweise und deren drei Formen als dem praktischen Denken entgegenstehend zu kennen. „Bewegungslehre“ gegen neuzeitliche Metaphysik.

Logisches Wissen ist mit den „Abstraktionen“, welche nicht aus unreflektierter und reflektierter Sinnenerfahrung abgeleitet wurde, vorhanden. Die Versuche, abstraktes Wissen aus der Empirie abzuleiten, werden mit der Verkennung logisch - rationalem Denken ermöglicht. Praktisches Denken in seiner Systematik kennen, bedeutet die logischen „Abstraktionen“ von den Allgemeinbegriffen, die mit dem empirischen Wissen der Sinnenerfahrung sich ergeben, scheiden zu können. Diese Unterscheidung muß im abstrakt - logischem Denken vollzogen werden. (32) Dieses Vermögen zeichnet den Philosophen des praktischen Verstandes aus. Constantin Brunner lehrt, das die „ewig gültigen Abstraktionen des praktischen Verstandes“ bereits in jeglicher Vollkommenheit vorhanden seien. „Die Grundwissenschaft der Bewegungslehre“, sowie die angewandte Logik, mit welcher der begriffliche Verstandesinhalt seine praktisch - relative Rationalität bekommt, „gilt allen Denkern von Anfang an als das oberste erklärende Prinzip.“ (33) Angewandte „Bewegungslehre“ klärt das menschliche Weltbewußtsein in seiner praktischen und fiktiven Wesenheit. Aber mit dieser rationalen Klärung wird der „Geist“ - dessen Inhalt von jeglichem Weltbewußtsein frei ist - in keiner Weise erfaßt. Die Scheidung praktischen vom fiktiven Denken ist aber eine Bedingung geistigen Denkens. Bevor der Philosoph des praktischen Verstandes mit der „geistigen Besinnung“ dem Geistigen Denken näherkommen kann, müssen zuvor die beiden materialistischen Fakultäten geschieden werden. Diese Annäherung, mit der versucht wird den „Geist“ systematisch zu leben, unterscheidet sich grundsätzlich vom Geist erfüllten Lebens des eigentlichen Philosophen, Mystikers und Künstlers.

Der „Lehre“ dritter Abschnitt zeigt u. a. dass das „oberste Erklärungsprinzip“ mit den Naturgesetzen = Denkgesetzen, unabhängig von jeglicher Sinnenerfahrung, vollkommen vorhanden ist. Die Denkabstraktionen; nicht die exakt - empirisch erforschte Sinnenwelt und auch nicht unanschauliche Begrifflichkeit verbürgen das Denken der „Einheit der Welt.“ Die „geistigen Abstraktionen“ des praktischen Verstandes wurden erstmals von ionischen Philosophen erläutert. Sie wußten das mit „Dinglichen aus der Grunderfahrung“ die Vielfalt der materialistischen Welt nicht wissenschaftlich geklärt werden kann, sondern mit abstrakt - logischem Wissen. (34) Den ionischen Denkern diente dinglich Vorgestelltes der Sinnenerfahrung lediglich zur Veranschaulichung der „Bewegungsgesetzlichkeit“. Abstrahiertes der Dinge wurde ihnen der „Hilfsvorstellungsinhalt für das Denken und den geeigneten sprachlichen Ausdruck.“ Griechische Philosophen wußten „ die Bestimmungen der Bewegungsgesetzlichkeit“ sogar ohne Anlehnung an materialistisch Vorgestelltes. (35) Die Veranschaulichung der „Denkgesetze“ ist der Anfang jeglicher Erfahrungswissenschaft, welche diesen Namen auch verdient. Mit der Anwendung der „Denkgesetze“ wurde die „Bewegungsgesetzlichkeit“ - mit Hilfe Dinglichem, etwa dem Wasser, der Luft... – aufgezeigt. Das Resultat ist praktisches relativ - begriffliches Verstandeswissen. Je mehr die „Bewegungslehre“ in Macht steht, um so mehr ist die Lebenspraxis des Menschen vorhanden und um so weniger steht die fiktive Denkweise, mit ihren jeweiligen Denkformen, in Geltung. Um so mehr besteht die Möglichkeit das außer den wenigen praktischen Philosophen andere - die nicht in der jeweiligen Zeitmode völlig aufgehen, weil sie nicht in verabsolutiert gedachter Sinnenerfahrung gründen - „das neue Leben des Friedens“ finden könnten.

Dem frühgriechischen Denken ging das abstrakt - logische Denken auf. Von ihnen wurden die „ewig gültigen Abstraktionen des praktischen Verstandes“ erstmals formuliert. Diese Denker gaben der Welt "nicht die Vorahnung unsrer >neuen< Weltanschauung, sondern... die Weltanschauung, die Abstraktion der Bewegungslehre“, welche die Basis jeglicher Erfahrungswissenschaft ist. (36) Warum steht nicht dieses frühgriechische Denken, sowie die damit zu ermöglichende Lebenspraxis in Macht? Warum wird die mit diesem Denken gefundene „Einheit der Welt“ nicht dem fiktiven Denken entgegenstehend gewußt? Warum steht anstelle philosophischer Erfahrungswissenschaft die verkehrte Denkweise in den Formen wissenschaftlicher und philosophischer Metaphysik in Geltung? Der allgemeine Denkzustand verbleibt im Vorstellungswissen, wie dieser in der menschlichen Sinnenerfahrung gültig ist: ihm fehlt die systematische Kenntnis logisch - abstrakten Wissens, sowie deren Anwendung auf Vorgestelltes der wahrgenommenen Dinge. Moderne wissenschaftliche und philosophische Metaphysik verkennt den Stellenwert praktischen Wissens, welches nicht geistig philosophisch, sondern materialistisch weltanschaulich ist. Die „großen Entwicklungsleute ... machen einen Stoff zum Absoluten“, sei dieser Stoff auch völlig abstrakt gedacht - etwa einen „chaotischen Gasnebel“ - und wollen daraus die Vielfalt der Welt wissenschaftlich erklären. Und diese moderne ‚wissenschaftliche’ Erklärung, die nicht systematisch die Welt, inklusive den Menschen praktisch erklärt, verbindet Kant mit dem Weltschöpfer „der sie nun nach einem allerweisesten Plane immerwährend weiter gestaltet“ (37)

Gegen diese modernen Erscheinungsformen der Metaphysik, die mit Kant in Religion endet, wird die Ethik Spinozas empfohlen. (38) Die Befreiung vom imaginären Denken, mit Hilfe angewandter „Bewegungslehre“, ist das erste „Geschäft des Denkers.“ Das zweite sei: „endlich die geistige, die absolute Wahrheit, (die Ideen, die Intuition, das geistige Denken, R. K.) bei der kein Widerstreit des Wissens von ihr und des Glaubens an sie statthat, zu enthüllen.“ Platon hob bereits den Gegensinn „geistig philosophischen Denken und... dem relativen Denken des praktischen Verstandes hervor.“ Den griechischen Denkern war aber nicht die Anwendung der „Bewegungsgesetzlichkeit“ wichtig, sie verblieben im Geistigen Denken. Ihre Betrachtung der materialistischen Welt ging im Ewigen, „sub specie aeterni“ auf. (39) Aber bereits Aristoteles verkannte den "Geist", wie auch die „Bewegungslehre“, sowie den damit zusammenhängenden Nachweis der Relativität des materialistisch kausalen Denkens. Er postulierte eine Fiktion, den unbewegten Beweger aus dem die Welt der Dinge erklärt werden könnte. (40) Relativ dingliche Bewegung nimmt Aristoteles absolut. Die Metaphysik des Aristoteles, mit welcher der praktische Verstand vermischt wurde, wird später mit dem Einfluß der religiösen Denkform verklärt.

Aristoteles und religiöses Mittelalter kannten nicht das Prinzipielle menschlichen Denkens: Mit einer fiktiv - verabsolutierten Ursache sollte der Verlauf der Dinge geklärt/geglaubt werden. Die neuzeitliche Wissenschaft setzte - mit Hilfe technischer Erfindungen - die „Abstraktionen des Verstandes“, die von frühgriechischen Denkern erstmals formuliert wurden, in Macht. Mit dieser Instandsetzung wurden die bisherigen religiösen Weltursachen dem praktisch relativ - begrifflichem Wissen entgegenstehend gewußt. Neuzeitliche Wissenschaft kennt aber die „wirkliche Ursache“ nicht prinzipiell: deswegen steht die verabsolutierte Ursache immer noch in Geltung. Das praktisch geklärte Wissen wird weiterhin mit fiktiv gedachter Sinnenerfahrung vermischt. Dieses ist die Tragik der wissenschaftlich aufgeklärten Moderne. Der allgemeine Denkzustand, sowie die moderne Wissenschaft gründen weiterhin in verabsolutiert gedachter Sinnenerfahrung. Die praktische Besinnung, mit der das wahre Verhältnis der „Abstraktionen“ zur Sinnenerfahrung und deren Ergebnis der Lebenspraxis gewußt wird, bleibt nur den wenigen praktischen Philosophen vorbehalten. Des praktischen Philosophen Macht kann das jeweilig fiktiv Gedachte, nicht aber das verabsolutiert Gedachte aufheben. Die völlige Überwindung des materialistischen Weltbewußtseins gelingt nur der geistigen Besinnung. Die systematische Erhebung materialistisch Gedachtem in die "Abstraktionen des Denkens“ kann vom Volksdenken nicht verwirklichen werden. „Die Einheit der wissenschaftlichen Weltauffassung“ wird vom "Volksverstand", nicht prinzipiell gewußt.

Das rationale Wissen wird mit der „Bewegungslehre“ verbürgt. Der dritte Abschnitt der "Lehre" zeigt die „Natur und Bedeutung des praktischen Verstandes.“ Constantin Brunner behandelt im Abschnitt eins und zwei das logisch rationale Wissen. Rationales Wissen ist aber nur eine von drei Spezifikationen des Verstandes. Der materialistische Denkinhalt umfaßt nicht nur Rationales, sowie Imaginäres Wissen, d. h. von angewandter „Bewegungslehre“ nicht geklärtes Wissen, sondern auch Fühlen und Wollen. Materialistisches Bewußtsein ist immer mit Gewußtem, Gefühltem, Gewolltem vorhanden. Mit dem Bewegtwerden und Bewegens des Körpers entsteht materialistisches Bewußtsein. Die dingliche Bewegung ist und bleibt der bestimmende Faktor dinglichen Bewußtseins, d. h. des Gefühlten, des Gewollten, des Gewußten. Die „völlige Einheitlichkeit des Fühlens, Wissens, Wollens“ muß vorhanden sein, sonst kann die adäquate Lebenspraxis nicht prinzipiell gelebt werden. (41) Das Rationale Wissen zeigte Brunner bereits auf. Logisch Rationales Wissen enthält, wegen seiner materialistischen Relativität, keinen absoluten  „erkenntnistheoretischen Wert.“ Die Annahme absoluter Welterkenntnis, oder das der Mensch subjektiver Erkenntnis fähig sei, und das unabhängig von seiner Subjektivität Gott oder/und wissenschaftliche Objektivität vorhanden sei, wird vom logisch - rationalen Wissen der philosophischen Erfahrungswissenschaft be- und verurteilt. (42) Der Mensch ist der vorübergehende, veränderlich bewegte (Fühlen), und bewegender körperlicher Bewegungszustand (Wille), dem sein Verstand (Wissen der Grunderfahrung und abstraktes Denken) zur Optimierung seines individuellen, sowie seines gesellschaftlichen Lebens dient. Die Identität des Bewußtseins mit „der bewegt dinglichen Existenz“ wird mit logisch - rationalem Wissen verbürgt. Die „wissenschaftliche Psychologie“ - die mit der Affektenlehre Spinozas bereits völlig abgeschlossen vorhanden ist – verbürgt den Materialismus des Gefühlten, des Gewollten. Kant wurde bereits, mit seiner unanschaulichen Begrifflichkeit als Gegenpart zum Einheitsdenker Spinoza behandelt. Auch in der „wissenschaftlichen Psychologie“ wird Kant als Antipode Spinozas berücksichtigt. Die Annahme des vom dinglich Vorgestellten und deren Kausalität befreiten Willen, und das mit diesem Willen eine „Kausalität der Freiheit“ vorhanden sein soll, steht den rationalen Resultaten philosophischer Erfahrungswissenschaft völlig entgegen. Mit der Postulierung der „Extrakausalität“, sowie der Unanschaulichkeit der Begriffe wird praktisches Denken nicht mehr in seiner Einheit gelebt, sondern diese wird zerrissen. (43)

Mit der „Extrakausalität“, die mit verkehrt Vorgestelltem psychologisch, d. h. mit Gefühltem, sowie Gewolltem postuliert wird, ist die dritte Denkform, die Moral vorhanden. Die philosophische Erfahrungswissenschaft wurde bereits als Gegenpart zu wissenschaftlicher Metaphysik gezeigt. Auch die unanschauliche Begrifflichkeit, mit der Kant meinte philosophisch sein zu können, wird als philosophische Metaphysik gewußt. Mit einer „Extrakausalität“, welche die Freiheit des Menschen moralisch verbürgen könnte, steht Kant gegen „wissenschaftliche Psychologie.“ Die Psychologie Spinozas verbürge Philosophische Ethik, welche der Moral völlig entgegensteht. Spinoza kennt weder Gefühltes, noch Gewolltes, und erst recht nicht Gewußtes losgelöst von naturnotwendiger Notwendigkeit. (44) Philosophische Erfahrungswissenschaft, sowie philosophische Ethik - den praktischen Verstand adäquat vertretend -  sind Garanten einheitlichen Weltbewußtseins. Die fiktive Postulierung von dinglich Vorgestelltem existiert im moralischen Menschen, nicht im praktisch Denkenden! Das „Etwas“ des moralischen Menschen, mit dem dieser der wahrhaftige gute Mensch sein will, wird von philosophischer Ethik in seiner Wesenheit als „Nichts“ beurteilt. Moral ist das Bestreben eines oder mehrerer Menschen die „Etwas“ fiktiv/verabsolutiert Gedachtes der Sinnenerfahrung in der Lebenspraxis verwirklichen wollen. Die, bereits bei den Griechen vorhandene „Bewegungslehre“, sowie die „wissenschaftliche Psychologie“ sind machtvolle Alternativen zur Metaphysik der wissenschaftlichen und philosophischen Moderne und ihrer Moral!

Das Freiseinwollen von der Naturkausalität, das z. B. objektives Wissen die Wesenheit der bewegt materialistischen Welt wissenschaftlich verbürgen könnte, oder das der Mensch die Welt nur subjektiv wissen/glauben könnte, und das allein Gott den Verlauf der Dinge kennen könne, ist eine Annahme, die der Lebenspraxis völlig entgegensteht. Dieses Freiseinwollen, das auf der Verkennung des Einheitsgedanken beruht, soll den Menschen u. a. seine Sonderstellung zu anderen Tierarten sichern. Die Moral verkennt das Prinzip praktischen Denkens. Der praktische Verstand dient allen Tierarten der Lebenspraxis. Damit wird zum biologischen Erhalt der Art beigetragen. Praktisches Wissen, Fühlen, Wollen dient allen Lebewesen der biologischen Orientierung. (45) Die Postulierung der „Extrakausalität“, die Brunner u. a. mit Immanuel Kants praktischer Moral erläutert, bringt einen Dualismus in die bewegte Einheit der Natur. Mit dem angeblich freien Wissen wird das naturgesetzliche phänomenale Wissen vermischt. Solange moderne Erfahrungswissenschaft einen objektiven Raum und/oder objektive Zeit postuliert, mit dem die Vielfalt der Dinge wissenschaftlich erklärt werden könnten, solange bleibt Erfahrungswissenschaft auch dualistisch.

Fiktives Denken, das wissenschaftlich und philosophisch Metaphysische, sowie die Moral steht gegen das philosophisch Erfahrungswissenschaftliche und philosophisch Ethische Weltbewußtsein. „Götterchen seid ihr in der Welt mit eurem Denken... Werdet gottlos,... Das ist die erste Stufe zur wahrhaftigen Seligkeit.“ (46) Ohne der „wahren Psychologie“, mit welcher Gefühltes, sowie Gewolltes unserer materialistischen Bewegungsexistenz zugehörig gewußt wird, kann Moral nicht der Ethik Spinozas entgegenstehend gewußt werden. Das Denken = Bewußtsein ist das „Denken des Leibes“. Mit dem leiblichen Denken ist der materialistische Inhalt des Verstandes vorhanden. Menschliches Bewußtsein unterscheidet sich von anderen Tierarten so weit, wie der menschliche Körper von anderen Tierkörpern sich unterscheidet. Jede Gattung kennt ihr materialistisches Bewußtsein entsprechend seiner Körpererfahrung. Jegliches leibliche Denken/Bewußtsein dient allen Individuen jeglicher Gattung zur Lebenspraxis. Spinoza lehre diese Weltauffassung: „die Identität der Attribute des Denkens (Bewußtsein, R.K.) und der Ausdehnung“ (der Körper als Träger des Gefühlten, Gewollten, Gewußten, R. K.. Die Identität des Bewußtseins mit dem Körper bleibt nicht der Tiermenschlichen Gattung vorbehalten, sie kommt allen Tierarten zu. „Spinoza spricht ja nicht von der Identität des menschlichen Denkens mit der menschlichen Ausdehnung, sondern von der Identität der Attribute Cogitatio und Extensio; die Identität des Denkens mit den Dingen erstreckt sich durch das ganze Universum hindurch.“ (47) Der kontinuierliche Zusammenhang dinglicher Bewegungsexistenzen wird mit praktischer Weltanschauung philosophisch erfahrungswissenschaftlich und philosophisch ethisch gelebt. Benedictus Spinoza ist der Repräsentant dieses einheitlichen Weltbewußtseins. Der „Volksdenker Kant“, und die neuzeitlich empirischen Wissenschaften sind Repräsentanten einer dualistischen Weltanschauung, mit der die Denkformen der Religion, Metaphysik und Moral in Geltung stehen. Dualistische Weltanschauungen können nur in Geltung stehen, wenn die „ewig gültigen Abstraktionen des Verstandes“ nicht systematisch gewußt werden. Ohne diesen „Abstraktionen“ ist keine philosophische, d. h. von Metaphysik befreite Erfahrungswissenschaft, und auch keine von Moral befreite philosophische Ethik möglich. Philosophische Erfahrungswissenschaft und Philosophische Ethik sind vorhanden, wenn die materialistischen Allgemeinbegriffe, die mit dem Wissen des Vorgestellten bewußt wurden, von den „ewigen Abstraktionen“ geschieden werden. Die Fähigkeit, die beiden materialistischen Fakultäten zu scheiden, ist dafür notwendig. Diese Fähigkeit wurde von Spinoza prinzipiell beherrscht. Die „Bewegungsgesetzlichkeit“ wird mit dieser Unterscheidung in Macht gesetzt; „an unsren Erfahrungen von Dingen wird dann die ewige Abstraktionserfahrung von der Bewegung in uns erweckt. Darauf ist die Abstraktion die Besinnung... das Zusammen dieses Denkens von Grunderfahrung und Abstraktion ist das Bewußtsein der spezifisch menschdinglichen Bewegung, welches mit dieser, dem Leibe, anhebt und mit ihm verwandelt wird.“ (48) Mit diesen „Denken“ wird die Lebenspraxis, d. h. die philosophisch - praktische Welterfahrung ermöglicht. Mit den „Abstraktionen des praktischen Verstandes“, wenn sie uns an und mit den Sinnenerfahrungen bewußt wurden, ist unser "Bewußtsein der dinglichen Existenz" philosophisch erweckt worden. Die adäquate Weltanschauung verbürgt logisch - rationales Wissen materialistisch Vorgestellter Sinnenerfahrung: „geistig philosophisches Denken“ ist damit nicht möglicht. (49) Mit dieser praktischen Besinnung besteht aber die Möglichkeit der „geistigen Besinnung.“ Ohne praktische Besinnung keine geistige Besinnung: dieses gilt für den praktischen Philosophen und seine Arbeit am individuellen Charakter, wie auch für seine Arbeit an den gesellschaftlichen Umständen. Die „Geistigen“ dagegen bedürfen dieser praktischen Besinnung nicht, ihr Weltbewußtsein gründet bereits im „Geist.“ Ihr Charakter ist bereits vom Ewigen Sein modifiziert. Diese Modifikation zeigt sich den dafür prädestinierten Menschen mit den Geisteswerken.

Mit dem philosophisch praktischen Weltbewußtsein erinnert sich der Mensch seiner materialistischen Existenz, die nicht repräsentative Nachbildung von Urbildern ist, sondern Grad der Einen materialistischen Bewegung! Dinge/Vorstellungen werden nicht mehr qualitativ, als fiktive Verworrenheiten wahrgenommen, sondern in quantifizierten, adäquaten Beziehungen stehend. Mit diesem Weltbewußtsein lebt der Mensch den Einheitsgedanken der Natur. Diese materialistische Weltanschauung ist „keine lehrbare Wahrheit für die Menschen des populären Denkens.“ Der „Volksverstand“ ist nicht in der Situation, dinglich Vorgestelltes der Sinnenerfahrung prinzipiell in den „Abstraktionen“ zu erheben, um die Relativität der menschlichen Bewegungsexistenz philosophisch erfahrungswissenschaftlich und philosophisch ethisch zu leben. Des Volkes dualistische Weltanschauungen verbleiben in der Sinnerfahrung befangen. Aber: Die philosophisch praktische Weltanschauung, "die Einheit des Dinglichen bekommt ihren großen Sinn erst durch den Hinzutritt des Gedankens von der Relativität und Negation des Dinglichen.“ (50) Dem geistigen Denken ging die Negativität jeglichen Weltbewußtseins in der Absolutheit des „Geistes“ idealistisch philosophisch auf.

Die erste Stufe der Klärung der wahrgenommenen Welt ist mit angewandter Logik vorhanden, nicht aber mit dualistischem Volksdenken. Dieses zeigt der erste Teil der „Lehre“, in der das praktische Denken abgehandelt wird: „denen nicht das Denken der absoluten Einheit eignet, die kommen niemals ganz vollständig in das Gedachte der relativen Wahrheit von der Abstraktion.“ (51) Aber wie gesagt, damit ist die erste Stufe erreicht. Und die zweite? Die „Lehre von den Geistigen und vom Volke wird hinsichtlich der letzten Abstraktion diesen Unterschied des Denkens in den beiden Typen der Denkenden nach seiner wesentlichen, schweren Wichtigkeit hervorzukehren haben... wenn wir dahin sind, wo wir ihnen die ganze, die große Rechnung werden aufmachen können.“ (52) Die „Ankündigung“ zeigte schon einiges dieser Abrechnung. Die Trennung der praktischen Philosophen, sowie der Künstlerisch reproduzierenden vom Volk; damit diesen in einer Gemeinschaft, in der die „Geistigen“ und ihre Geisteswerke wichtigst sind, zusammenfinden. In dieser Gemeinschaft könnten die zum geistigen Denken Fähigen, wie auch die reproduzierenden Künstler ihre Befreiung von der Isolation - welche sie in der Volksgemeinschaft notwendigerweise erleiden - finden.(53)

Der „Volksverstand“ denkt die Einheit der Natur nicht philosophisch - praktisch, sondern dualistisch - scholastisch. Mit der dualistischen Denkweise kann weder „das relative Wirkliche“, noch das „absolut positive“, das geistige Denken in seiner jeweiligen Wesenheit gelebt werden. Die verschiedenen dualistischen Denkformen verkennen das Prinzip dinglich fiktiven Denkens, das dieses mit praktischem Denken nicht prinzipiell überwunden werden kann. Mit dieser Verkennung, die auf dem Nichtwissen der Fakultät des praktischen und verkehrten Denkens beruht, steht aber nicht nur fiktiv gedachtes, sondern auch verabsolutiert gedachtes in Geltung. Mit materialistisch verabsolutiert Gedachtem, dem analogisch Unwirklichen des Aberglaubens, beschäftigt sich das philosophisch praktische Denken nicht. Diesen bleibt das dinglich fiktiv Gedachte vorbehalten. Die Gründung fiktiven Denkens im verabsolutiert Gedachten wird vom Denken der materialistischen Welteinheit nicht erreicht. Deswegen kann praktisches Denken nur die jeweiligen fiktiven Äußerungen, die in den Formen der Religion, der Metaphysik, der Moral sich manifestieren, entlarven.

Das Volksdenken kann das Prinzip des praktischen Verstandes, das mit der adäquaten Weltanschauung vorhanden ist, nicht erfassen. Ihr praktisches Denken bleibt deswegen immer mit fiktiv Gedachtem vermischt. Der „Volksverstand“ kennt die „Abstraktionen“ nur so weit wie diese - von der Erfahrungswissenschaft - erwiesen wurden: "und dies werden sie lernen - das übermenschengeschichtlich Universale (die „Geistigen“ und ihre Geisteswerke, R. K.) ... werden sie auf vollkommene Weise ewig nicht einsehen... es ist bei ihnen nicht in der Ordnung hinsichtlich der Abstraktion, und darum auch niemals hinsichtlich der ganz reinen Wissenschaft von der Bewegungslehre, hinsichtlich der relativen Wahrheit, mit der sie sich immer, wo es ans letzte soll, in den absoluten Unsinn begeben.“ (54) Die Volksdenkenden verbleiben in der Sinnenerfahrung, ihnen ist die praktische Besinnung - die Erhebung ihres Vorgestellten in die „Abstraktion“ - mit Hilfe der „Bewegungslehre“ und der „wissenschaftlichen Psychologie“ nicht möglich. Wie sollte dem „Volksverstand“, unter diesen Umständen, das „absolut positive“, die Ideen, die Intuition, das geistige Denken aufgehen? Das „absolut positive“ geht nur den Wenigen, die mit ihrem materialistischen Denken im „Geist“ gründen, auf. Ihnen ist die „geistige Besinnung“, die Orientierung an den „Geistigen und ihren Geisteswerken, sowie die damit vorhandene geistige Modifikation ihres Charakters wichtig.
 
 
 

„Es gilt dem Begriffe des Egoismus seine Freiheit, Gesundheit
und Schönheit zurückzugeben, und ihn, gegenüber der
unsinnigen Auffassung, wonach der Mensch mit ihm ein Werk
der Selbstbestimmung und freien Wählens genannt wird, in der
viel erstaunlicheren Großartigkeit seines wirklichen Wesens 
hervortreten zulassen... Wir Wollen uns frei machen und wollen 
den Kampf aufnehmen und werden nicht nachlassen, als bis...
diese... menschenfressende Moral in den Abgrund geworfen ist.“ (55)

 
 

Anmerkungen:
 

1

"Die Lehre von den Geistigen und vom Volk". Dritte Auflage, 1962 Bd. 2. Seite 610. ("Lehre")

2

"Briefe", hrsg. vom Constantin-Brunner-Kreis Tel Aviv, 1964. Briefe vom 30.10.1884 und 11.11.1884 an Johanna Löwenthal. Bd. 2, Seite 14 - 17.

3

Die "Rede" wurde erstmals 1918, als achtes Kapitel des Buches "Der Judenhaß und die Juden", veröffentlicht.

4

Constantin Brunners Hamburger Literatenzeit wurde, unter besonderer Berücksichtigung des politisch - wirtschaftlichen und literarischen Umfeldes von Günther Wirth, sehr informativ, ausgearbeitet: in "Constantin Brunner im Gespräch", Beiträge zum Constantin Brunner - Symposion Hamburg 1995, Seite 33 - 69.

5

"Der Zuschauer" 1893, No.1."Unsere Lyrik und die >Aufbrütesamen<". Seite 13.

6

"Der Zuschauer" 1893, No.7, Seite 216.

7

"Der Zuschauer" 1893, No.6, Seite 176.

8

"Briefe", Bd. 2. Brieffragment von 1895. Seite 64.

9

Unveröffentlichter Brief an Frida Mond, wahrscheinlich vom November 1896. An dieser Stelle Jürgen Stenzel Göttingen und dem Constantin-Brunner-Institut in Den Haag besten Dank für die Einsicht in den "Zuschauer", und den umfangreichen Briefwechsel. Ohne ihre Hilfe wäre diese Arbeit, die hier stark verkürzt wiedergegeben wird, nicht möglich gewesen.

10

"Briefe", Bd. 2. Seite 83. ca. März 1897 an Frida Mond.

11

"Briefe", Bd. 2. Seite 93. ca. Herbst 1897 an Frida Mond.

12

"Briefe", Seite 94. ca. Herbst 1897 an Frida Mond.

13

"Rede", z.B. Seite 446.

14

Wird die Ebene des "Geistes" - die geistige Besinnung - zu stark betont, könnte die Ebene des praktischen Denkens und damit auch die Stellung des "analogischen Denkens" bei Constantin Brunner verzehrt eingeschätzt werden.

15

Das Constantin Brunner bereits in seiner frühen Berlinerzeit hier unterscheidet ist offensichtlich.

16

"Briefe", Bd. 2. Seite 130.

17

"Briefe", Bd. 2. Seite 141. Brief vom 24.3.1901 an Frida Mond.

18

"Briefe", Bd. 2. Seite 162. Brief ca. Frühjahr 1902 an Frida Mond.

19

Die "Ankündigung" enthält eine Bildungskritik, die in der bisherigen Brunnerforschung kaum berücksichtigt wurde. Ohne angewandte Fakultätenlehre und der damit ermöglichten Bestimmung und Scheidung der "beiden anthropologischen Typen" in "Geistige und Volk" ist die Bildungskritik Constantin Brunners nicht zu verstehen. Vergl. den Aufsatz von Jürgen Stenzel in "Philosophia Activa. Zeitschrift der Constantin-Brunner-Forschung", 3. Jahrgang, Heft 3, Seite 4 - 20.

20

"Lehre", Bd. 1, Seite 102.

21

"Lehre", Bd. 1, Seite   22.

22

"Lehre", Bd. 1, Seite 220 - 234, Kapitel IX.

23

"Lehre", Bd. 1,  Seite  18.

24

"Haß", Seite  456 - 457.

25

Anmerkung 10. Viele, der in der "Rede" systematisch verarbeiteten Gedanken finden sich bereits in Constantin Brunners Literatenzeit.

26

"Lehre", Bd. 1, Seite 205.

27

"Lehre", Bd. 1, Seite 274.

28

"Lehre", Bd. 1, Seite 300.

29

"Lehre", Bd. 1, Seite 306.

30

"Lehre", Bd. 1, Seite 370.

31

Dieses verstehe ich als ein wesentliches Ergebnis des praktischen Denkens. Meine Interpretation des verkehrten Denkens der Dinge/Vorstellungen, wie auch mein Versuch die "Fakultät des Geistes" verständlich zu machen, beruht auf diesem Resultat.

32

Das Denken der freien Konstruktionen befindet sich zwischen dem Denken der Vorstellungen/Dingen und dem "Geist". Da diesen Konstruktionen kein materialistischer Inhalt zukommt, dieser aber vom logischen Denken seine relative Wesenheit bekommt, können sie nicht zur Fakultät des Geistes, deren Wesenheit das Absolute ist, gehören. Hierzu der unveröffentlichte Brief aus dem Brunnerbriefwechsel. an Frida Mond, vom 24. März 1901. Seite 140 - 141.

33

"Lehre", Bd.1, Seite 348.

34

"Lehre", Bd.1, Seite 349.

35

"Lehre", Bd.1, Seite 350.

36

"Lehre", Bd.1, Seite 364 - 365.

37

"Lehre", Bd.1, Seite 370.

38

"Lehre", Bd.1, Seite 539.

39

"Lehre", Bd.1, Seite 442.

40

"Lehre". Bd. 1, Seite 474.

41

"Lehre", Bd. 2, Seite 703.

42

"Lehre", Bd. 2, Seite 655

43

"Lehre", Bd. 2, Seite 781 - 782.

44

"Lehre", Bd. 2, Seite 822 - 824.

45

Dieser Gedanke wird von Brunner öfters angedeutet.

46

"Lehre", Bd. 2, Seite 863.

47

"Lehre", Bd. 2, Seite 895.

48

"Lehre", Bd. 2, Seite 922 - 923.

49

Dies ist ein Grundgedanke der Philosophie Constantin Brunners, welcher, tief erfaßt, sein Denken aufschlüsselt.

50

"Lehre", Bd. 2, Seite 961.

51

"Lehre", Bd. 2, Seite 961 - 962.

52

"Lehre", Bd. 2, Seite 962.

53

Die Stellung der geistigen Gemeinschaft, als Gegenpol zum gebildeten Volksdenken, bedarf einer näheren Betrachtung.

54

"Lehre", Bd. 2, Seite 965.

55

"Lehre", Bd. 2, Seite 994 - 995.

 

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